Vor dem Abmarsch hat Norbert  den Platz „Municipal“, wo wir stehen, fotografiert. Es ist ein interessanter Platz von den Gästen her geurteilt, ausserdem liegt er perfekt – direkt oberhalb der Medina. Es hat recht viele Aussteiger, die wohl schon ewig hier sind. Ein Camping-Führer schreibt, dass es auf dem Platz einige deutsche und französische Alt-Kiffer gäbe, die seid Woodstock ihre mittlerweise eher schütteren Haare nicht mehr geschnitten hätten und zerebral leicht angegriffen seien. Diesen Eindruck können wir voll und ganz bestätigen – es haben sich inzwischen noch einige Holländer dazu gesellt. Diese Kombination zwischen diesen Langzeitgästen, Offroadern und den weissen Joghurtbechern macht dieser Platz aus – er ist sympathisch.

Heute Morgen sind wir bei strahlendem Sonnenschein und gut 20 Grad losgelaufen. In der Nähe vom Camping-Platz geht eine steile Treppe runter an die Grenze Neustadt und Altstadt (Medina). Der Aussichtspunkt vor dem Abstieg gibt bereits einen schönen ersten Eindruck auf die Stadt.

Chefchaouèn liegt mitten im Rif-Gebirge und  ist bekannt für die blaue Farbe, auf Häusern, Wegen und was sonst noch in Blau gestrichen werden kann.

Selbst Grabsteine sind blau angemalt, wobei es durchaus auch Grabsteine in der Farbe des Islams in Grün gibt.

Wir sind direkt am Wochemarkt rausgekommen, wo Gemüse, Früchte und vieles mehr angeboten wird. Es ist immer wieder ein schönes Schauspiel. Die Berberfrauen mit ihren Strohhüten und „Zötteli drah“ gefallen uns sehr gut. Sie haben so schöne Gesichter, die auch das Leben und die harte Arbeit widerspiegeln. Leider können sie nur schwer fotografiert werden.

Wir wussten schon, dass ein Grossteil der Leute in Chefchaouèn nur schon beim Anblick von Fotoapparaten entsetzt loskreischen und gestikulieren, dass man nicht fotografieren darf. Ganz mühsam sind die jungen Leute. Die schauen mit fanatischem, hasserfüllten Blick zu einem und machen keine netten, aber definitiv nicht missverständliche Handzeichen. Und trotzdem will man unser Geld – irgendwo paradox.

Wir fragen jeweils, wenn wir etwas fotografieren, aber manchmal vergeht es einem fast. Egal – es ist trotzdem eine wunderschöne Medina.

Was für uns auch neu ist (aber nicht für das Rif-Gebirge) ist der fast öffentliche Verkauf von Dope und Hasch. Uns wurde heute mehrmals dieses Zeugs angeboten. Machte mir langsam Sorgen, ob wir so aussehen, als ob wir ohne Hasch nicht leben könnten.

Am Morgen haben wir auch noch unser Problem der gesperrten SIM-Karte gelöst. Wobei – entsperren konnten wir sie nicht. Unsere Karte bleibt für drei Tage gesperrt, so dass wir nicht selbst nachladen können. Hier konnte uns auch Maroc Telecom nicht weiterhelfen. Aber sie gaben uns den Tipp, es in einem der kleinen Kiosks zu probieren, diese könnten ein Guthaben aufladen und die Sperre gelte für sie nicht. Das haben wir dann auch so gemacht und können nun wieder ins Internet.

Neben der Geschäftstelle von Maroc Telecom gibt es einen schönen Platz namens Place Mohammed V, der noch ganz an die spanische Zeit erinnert. Die dazugehörige Kirche, die den Platz abschliesst, wurde natürlich nach der Unabhängigkeit Marokkos entweiht und wird anderweitig genutzt.

Chefchaouèn wurde 1471 gegründet. Zu dieser Zeit lebten v.a. Berber in diesem Ort. Einen grossen Einwohnerzuwachs erlebte die Stadt im Jahr 1492 nach der Eroberung Granadas durch die Spanier und der Vertreibung der Maurern.  Aus Andalusien siedelten sich Muslime und Juden hier an. Diese Einwanderungsgeschichte prägt heute noch die Architektur der Altstadt. Wie in andalusischen Dörfern gibt es kleine Gassen zwischen weiss getünchten Häusern und gebrannte farbige Kacheln. Von den Berbern stammt die Farbe Blau – sie soll gegen den bösen Blick schützen.

Die Altstadt von Chefchaouèn ist am Hang erbaut und viele Treppen führen steil bergauf. Wir haben uns gefragt, was die Einwohner machen, die nicht mehr gut zu Fuss sind. Es führen immer unregelmässige Treppenstufen hoch oder runter. Es gibt keine Rampen – entweder man schafft es noch, Treppen zu steigen oder nicht. In diesem Fall kann man nur hoffen, dass es Familie oder Personen gibt, welche die Grundversorgung im Alter gewährleisten.

Chefchaouèn galt über Jahrhunderte als heilige Stadt, die Ausländern unter Androhung der Todesstrafe versperrt war; dies hat dazu beigetragen, dass in ihr mittelalterliche Architektur erhalten blieb.

Auf dem „Place Outa el Hammam“ haben wir einen Kaffee getrunken und Norbert konnte noch die eine oder andere Aufnahme mit Tele machen. Die einzige Möglichkeit unauffällig Menschen zu fotografieren.

Die Moschee der Andalusier hat nur ein Minarett und einen achteckigen Grundriss.

Übrigens – aufgrund der langen Herrschaft von Spanien sprechen die Einwohner hier wenig Französisch, aber dafür Spanisch. Das spanische Protektorat endete erst 1956, mit der Unabhängigkeit Marokkos.

In Marokko gibt es unzählige streunende Katzen und Hunde. Viele Touristen wollen den Tieren etwas Gutes tun und füttern sie. Besonders störend kann es auf Camping-Plätzen sein, wo diese Tiere dann gar nicht mehr wegzukriegen sind und sogar auf den Tisch oder in das WoMo springen.

Nach der intensiven und erlebnisreichen Stadtbesichtigung fiel es uns doch recht schwer, gegen 16.00 Uhr die vielen Stufen wieder zum Camping-Platz hochzusteigen. Aber irgendwann wann wir oben angekommen.

Heute gab es in unserer Grillpfanne Spaghetti mit Meeresfrüchte und ganz vielen frischen Kräutern.

Morgen geht die Fahrt weiter an die Atlantik-Küste – immer mehr Richtung Tanger Med, wo am 3.12. unsere Fähre nach Barcelona abgeht.

Hier noch die Bilder des Tages in einer Galerie:

Donnerstag, 29.11.2018: Chefchaouèn – blau, blauer, am blauesten

2 Kommentare zu „Donnerstag, 29.11.2018: Chefchaouèn – blau, blauer, am blauesten

  • November 29, 2018 um 9:18 pm Uhr
    Permalink

    Wooooow, das waren ja wieder 2 Tage richtig vollgepackt mit totalen Gegensätzen die man erst verkraften muss und ihr erst recht. Das Faszinierende ist die Farbe blau die immer und überall zu sehen ist. Es ist einfach gewaltig diese Eindrücke. Aber gäl, gänd eu sorg vel Glöck ond en gueti Wieterfahrt. Schlofed guet ,Danke för das spannende Bettmümpfeli.Küsschen Mams ❤️❤️

    • November 30, 2018 um 8:00 am Uhr
      Permalink

      Hallo Mams, ja genau – der gestrige Tag war sehr spannend.

      Liebe Gruess ond Koss
      Claudia

Kommentare sind geschlossen.