Juhuii – heute hat es in Fès weder in der Nacht noch am Tag geregnet und schon sieht die Welt ganz anders aus. Nein – fertig Jammern die Welt sieht für uns wunderbar aus.

Und – heute Morgen wurde uns vom jungen Mann, dem ich gestern ein Trinkgeld im Restaurant, das zum Camping gehört, gegeben habe, das frische Baguette frei Haus an die WoMo-Türe geliefert inkl. einen fröhlichen Lachen. Das finde ich Service.

Heute wollten wir uns einen weiteren Weg durch die Medina in Fès (die drittgrösste Stadt Marokkos) ansehen. Und zwar auf der blauen Tour „Handwerk und Andalusier-Viertel“.

Wir sind wieder an eine stark befahrene Strasse in der Nähe des Camping-Platzes marschiert und haben uns ein Petit-Taxi geschnappt. Da war heute schon eine Dame drin – aber eben, bei den Petit-Taxis werden einfach Gäste zugeladen, solange der Weg einigermassen passt und es Platz hat. Wir haben uns wieder zum Bab Rcif fahren lassen und sind erst mal einen kleinen Teil des gestrigen „Braunen Weges“ gelaufen, ehe der „Blaue“ abging – allerdings sind wir so erst auf der Mitte draufgekommen. Dieser war wiederum sehr vielfältig und Abwechslungsreich. Er führte uns wieder durch die Medina-typischen engen Gassen. Die verschiedenen Medinas, die wir auf unserer Reise schon gesehen haben, ähneln sich natürlich immer wieder und trotzdem sind diese jedesmal spannend. Dies nicht zuletzt, weil die Menschen so unterschiedlich sind, einige sind offen und lassen Fotos zu, andere sehr konservativ bis aggressiv und wollen keinesfalls Fotos erlauben. Es ist offensichtlich, dass Berber-Gebiete grundsätzlich offner (und aus unserer Sicht auch friedlicher und angenehmer sind).

Unser erstes Ziel war das „Gerber-Viertel Chouara“ im  Moulay Abdellah Quarter . Es ist die grösste traditionelle Gerberei in Marokko. Überall wurde man eingeladen, auf dem Balkon auf die Gerber zu schauen – natürlich nicht ganz uneigennütz. Es erstaunt nicht, dass es alles Cooperativen sind (!), wo man ganz tolle Lederartikel erstehen kann. Und wenn man wirklich nichts will, dann wird um einen Zustupf für die Cooperative gebeten.

Der Geschmack (Gestank) ist recht penetrant – wer will, bekommt einen Zweig Pfefferminz, um diesen  beim Einatmen vor die Nase zu halten. In dieser stinkenden Brühe stehen die Männer max. drei Stunden, wie uns gesagt wurde. Der gesamte Gerbe-Vorgang für eine Haut dauert 4 – 5 Wochen. Gegerbt werden Häute von Ziege, Lamm, Dromedar und Kuh – und das alles absolut manuell durch Manneskraft.

Zuerst muss das Fell von der Haut gelöst werden. Dies geht nicht ohne Lauge.

Danach wird es in einer grossen „Wäschetrommel“ aus Holz gewaschen. Noch verbleibende Fleisch- oder Fellstücke müssen von Hand entfernt werden.

Alle Arbeitsschritte laufen in runden gemauerten Löchern ab in unterschiedlichen Grössen, Höhen und Weiten. Teilweise Barfuss, teilweise mit Stiefel trampeln die Männer in diesen Becken herum. Einige tragen Handschuhe, andere nicht. Es ist ein Knochenjob

Der nächste Schritt ist das Weichmachen mit Ammoniak, der aus Taubenkot gewonnen wird.

Nun wird die Haut getrocknet und dann gefärbt mit Farben aus Pflanzen und Mineralien, wieder getrocknet und dann weiterverarbeitet.

Das ganze ist ein richtiger Knochenjob und bestimmt weder gut für die Haut noch für die Atemwege der Männer. Diese sind übrigens teilweise knapp älter als 15 und oft gegen Mitte 70.

Mitten in den engen Gassen liegt eine sehr reich dekorierte Moschee mit dem Grabmal von Cheikh soufi sidi Ahmed Tijani. Es wird gesagt, dass seine Abstammung auf den Propheten Mohamed zurückgeht. Er gründerte seinen eigenen Orden. Aus diesem Grunde pilgern heute viele Muslime aus Senegal, Mali und Nigeria auf ihrem Weg nach Mekka zu diesem Grabmal. Dies erklärt auch, weshalb wir heute so viele Gläubige aus Schwarzafrika vor und in der Moschee gesehen haben. Es war fast kein Durchkommen.

Wir sind bis zum einen Endes des Weges bis zum Bab Guissa, das auf einem Hügel liegt. Der Weg dahin bot wieder viele Fotomotive. Da wir dem blauen Weg nicht von Anfang an gefolgt waren, haben wir dies nachgeholt und sind dann Richtung anderes Ende, dem Bab Khoukha gelaufen.

Überall sind auch Webstuben anzutreffen, wo tolle Teppiche und Tücher gewoben werden – und wer erstaunt’s auch wieder durch Männer. Die Webstühle sind sehr alt – funktionieren aber noch immer einwandfrei.

Gestern ist mir schon beim Verkäufer der Feigenkakteen-Früchte eine kleine violette Frucht aufgefallen, die musste ich heute probieren. Vor mir stand eine Dame, die sich Stück um Stück aufschneiden liess, damit sie den Inhalt mit einem Zahnstocher nehmen konnte. Irgendwann hat sie mir eine Frucht hingehalten und gesagt, dass ich den Mund öffnen soll. Und Schwups – hatte ich so eine süsse Früchte erhalten. Fand ich sehr nett. Wir haben dann auch noch je eine für uns gekauft, da ja Norbert auch noch probieren musste und ich hatte so die Gelegenheit, zu einer Zweiten zu kommen. Die Früchte ist ebenfalls von einer der rund 190 Arten von verschiedenen Feigenkakteen (Opuntien).

Bei einer Bäckerei durften wir ebenfalls reinschauen und den Bäcker beim Arbeiten am Ofen fotografieren.

Irgendwo haben wir einen kleinen Raum mit rund 15 Kindern gesehen. Ich habe reingeschaut und wurde direkt von der Lehrerin reingebeten. Sie hat mir die kleine Koranschule erklärt und wie die SchülerInnen das Alphabet, die Mathematik und letztendlich den Koran erlernen. Es war für mich sehr erstaunlich, dass wir in die Schulstube durften und sogar noch Fotos mit den Kindern aufnehmen konnten.

Geendet hat unser „Blauer Weg“ im Andalusischen Viertel bei der Andalusischen Moschee. Geprägt ist dieses Gebiet von den rund 2’000 Familien, die aus Andalusien 817–818 nach Fès migriert waren. Die Moschee sei aber schon seit einigen Jahren in Renovation. Wir wurde von einem „Wächter“ (er nannte sich nicht Guide, weil er wohl wusste, dass er sonst Probleme mit der Polizei bekommt, da er keine offizielle Lizenz als Guide hatte), auf das Dach eines Hauses geführt, wo wir einen schönen Überblick über die Stadt hatten. Natürlich mussten wir auch hier wieder ein Trinkgeld zahlen.

Danach sind wir weiter bis zum Ende der Blauen Tour gelaufen,  bis zur Moschee Jamas Anouar, die vom Stadtgründer Fès Moulay Idriss erbaut wurde. Die Moschee liegt beim Bab Khoukha.

Noch ein paar weitere Schnappschüsse von unserem Rundgang.

Zum Schluss mussten wir uns mal wieder mit Früchte und Gemüse eindecken. Ausserhalb des Bab Khoukha fanden wir einen grossen Markt und haben einen Viertel Kürbis, Zucchini, Tomaten, Zitrone, Nektarinen, Koriander und Peterli gekauft.

Mit einem Petit-Taxi ging es dann wieder entspannt zurück auf den Campingplatz.

Und – menütechnisch gab es bei uns heute auf dem Grill ein ganzes Poulet gut gewürzt, Kürbis und Zucchini.

Morgen geht es weiter: wir wollen uns zuerst Moulay Idriss ansehen und dann weiterfahren Richtung Chefchaouèn (Die Blaue Stadt). Vorher gilt es aber wieder, Wasser zu bunkern.

Die Bilder des Tages in einer Galerie:

 

 

 

 

 

 

Dienstag, 27.11.2018: Ein Tag in Fès auf den Spuren des Handwerks und der Andalusier

4 Kommentare zu „Dienstag, 27.11.2018: Ein Tag in Fès auf den Spuren des Handwerks und der Andalusier

  • November 27, 2018 um 9:49 pm Uhr
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    Soooo spannend diese Kultur, nur gut könnt ihr diese Erlebnisse bildlich und schriftlich fest halten damit ihr das Ganze nach dieser Eindruckstarken Reise verarbeiten könnt, es ist einfach sehr sehr interessant und für uns lehrreich. Also eine gute Nacht ohne Regen und morgens gute Fahrt und schönes Wetter.Händ euch sorg .eine feste Umarmung und Küssli Mams ♥️♥️

    • November 28, 2018 um 7:39 am Uhr
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      Hallo Mams – stimmt, mit diesem Blog können wir später nochmals die Reisen durchgehen und Du hast ein Bettmümpfeli. Es soll nun die ganze Zeit wunderbares Wetter bleiben – bis zur Fähre am 3.9 Kuss ❤️

  • November 28, 2018 um 8:02 am Uhr
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    Das ist ja super, die Welt sieht schon anders aus bei schönem Wetter. Also wünsche euch einen wunderschönen Tag und gute Fahrt Kuss Mams

    • November 29, 2018 um 4:51 pm Uhr
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      Genau- so war es.

Kommentare sind geschlossen.